...Die Farce geht witer...

Il futuro, inutile dirlo, è un posto pericoloso da frequentare, fittamente minato e con la tendenza ad azzannarti i polpacci a tradimento mentre ti ci inoltri. (J.G.Ballard)

„Der Prozess wird bis zu einem noch festzulegenden Termin verschoben.” Mit diesen wenigen Worten und ohne weitere Erklärungen annullierte das Gericht den Termin für den ersten Prozess, der am Donnerstag 22. Oktober, hätte stattfinden sollen.

Wir sprachen bereits wiederholt über seltsame Ereignisse im Verlauf der rechtlichen und tatsächlichen Aufarbeitung der Geschehnisse vom 14. Januar 2018: die lange Liste der willkürlich Beschuldigten; die Polizeirazzia im Morgengrauen in den Häusern der Beschuldigten; die erpresserischen Verhöre, oft mit Druck und Drohungen; die phantasievollen Aussagen des Staatsanwalts Respini und die unrechtmäßigen Einmischungen des Staatsrats Gobbi; und natürlich die vielen „Schwierigkeiten“, die während der Untersuchung festzustellen waren, begleitet von seltsamem Schweigen und fehlenden Antworten. Nach fast drei Jahren des Wartens, sollte im August der erste Prozess plötzlich in aller Eile abgehandelt werden. Nun, ebenso plötzlich und ohne jeden Grund, wird der Prozess verschoben und die umfangreichen Beweisanträge der Verteidigung werden gleichzeitig vollständig abgelehnt. Dazu gehören die vollständige Einsicht in die – offensichtlich manipulierten – Videoaufnahmen der Sicherheitskameras, auf denen entscheidende Sequenzen fehlen. Weiter die Anhörung etlicher von der Verteidigung geladener Zeugen und die Auskunft über das Sicherheitsdispositiv der Kantonspolizei an jenem Tag.

„Seltsam, nicht wahr?“, haben wir uns beim letzten Mal gefragt. Und das fragen wir uns heute noch. Wir beobachten eine Situation am Rande des Surrealen, die den katastrophalen Zustand der Justiz im Tessin gut widerspiegelt. Verkörpert in der Person ihres allgegenwärtigen Chefs, einem autoritären Sheriff, der Ausgrenzung, Ausflüchte und den Polizeistaat zu seinem territorialen Mantra gemacht hat.

Wir erinnern uns auch daran, dass wir uns wenige Wochen vor dem geplanten Prozess mit dem Feind im eigenen Haus, dem Rechtsanwalt Brenno Canevascini, Rechtsvertreter des HCAP und der Valascia Immobiliare, wiederfanden, der ungeschickt die Aufhebung der kollektiven Verteidigung forderte. Dieser Antrag wurde von der Richterin Verda Chioccetti unter besorgniserregendem Schweigen (von Brenno, den Medien und vor allem des HCAP) abgelehnt. In der Curva Sud würden wir sagen: “bella lì zio, che figura di merda!”

Schließlich die trockene Mitteilung über die Verschiebung. Die Gründe für eine solche Verschiebung sind uns nicht besonders klar, aber wir können nur auf die verschiedenen bereits geäußerten Zweifel an der Tätigkeit der Untersuchungsbehörden und ihren übergeordneten Kreisen verweisen. Wir erinnern uns an jene Polizeioperation, die von dem Wunsch diktiert wurde, eine der letzten organisierten Fankurven des Tessins massiv zu bestrafen. Eine Art Racheakt - persönlich und ideologisch -, der jedoch (und das ist nicht zum ersten Mal!) holprig daherkommt. Das ganze Vorhaben ist geprägt von Unregelmäßigkeiten und der offensichtlich eklatanten Unfähigkeit, eine seriöse Untersuchung auf die Beine zu stellen, die den tatsächlichen Verantwortlichkeiten anlässlich der uns bekannten Geschehnisse nachgeht. Eine Untersuchung, die es endlich ermöglichen würde, aus der Farce um jenen Sonntag im Januar 2018 herauszukommen.

Aber wem helfen nun die Verzögerungen? Wir werden es sehen. In der Zwischenzeit stellen wir fest, dass der Aufbau eines Feindbildes, die Isolation von Andersartigen und die Beschuldigung ganzer Menschengruppen als Quelle von Problemen, die es zu beseitigen und zu unterdrücken gelte, sich zunehmend verfestigende reaktionäre Tendenzen sind, für die wir im Tessin zahlreiche Exponenten finden. All dies begleitet von ohrenbetäubender Stille eines großen Teils der trostlosen politischen Landschaft des Tessins.

Wir bleiben wachsam, halten unsere Augen und Ohren geöffnet und erinnern diejenigen, die noch immer nicht verstanden haben: aqui no se rinde nadie.

Lunga vita alla Curva Sud e sempre forza l’Ambrì-Piotta!

Gioventù Biancoblu – Curva Sud - Ambrì